Über den Wasserbauingenieur Adam Wiebe
Am Montag, dem 01.07.2024 berichtete Hans Peter Wiebe. über den mennonitischen Wasserbauingenieur und Erfinder Adam Wiebe (*in Harlingen, Niederlande +1653 in Danzig), über dessen Arbeiten und Erfindungen während seiner Anstellung in Danzig und über den aktuellen Stand der Familienforschung zu ihm. Es gibt ein Bild von Adam Wiebe in dem Gemälde der Seilbahn von seinem Zeitgenossen Willem Hondius. Die Unterschrift „Wiebe Adamß“ hat der Archivar Kurt Schottmöller im Archiv Danzigs entdeckt und dem Bild Adam Wiebes zugefügt.
Hans Peter Wiebe gab zunächst einen Überblick über Adam Wiebes Leben und Werk: 1616 baut er eine Windmühle in Waldorf bei Danzig. Ab 1623 ist er mit der Entwässerung von tiefgelegenen Ländereien im Nehrungsgebiet betraut. 1725 wird hier das Dorf Freienhuben gegründet. Um auch bei Windstille die Entwässerungspumpen zu betreiben, erfindet er pferdebetriebene Rossmühlen. Er setzt die in den Niederlanden entwickelte Technik der Archimedischen Schraube ein, um Fördervolumen und Förderhöhe des Wassers zu steigern. 1624 ist er in Warschau für den polnischen König tätig, sein Auftrag ist nicht bekannt. 1626 wird er in Danzig fest angestellt und ist 1628 Wasserleitungstechniker. Er lässt Baumstämme aushöhlen und mit metallenen Kontakten verbinden, um die Stadt Danzig mit Frischwasser zu versorgen. 1630 errichtet er zur Befestigung von Danzig die Bastionen Kaninchen und St. Jakob. 1631 ist er mit Danziger Genehmigung in der Stadt Thorn, um den Bau einer Brücke über die Weichsel zu planen und vorzubereiten. In der Danziger Niederstadt baut er eine Entwässerungsmühle. 1633 wird die Brücke in Thorn fertiggestellt. 1634-1637 vertieft er in Danzig mit Baggern die Fahrrinne zum Hafen, baut Schutzmohlen und erfindet dafür ein Rammwerk, das von Pferden betrieben wird. 1639 wird er Wasserkünstler genannt. Die Wasserkunst ist ein Wasserturm in dem er das Wasser so hoch transportiert, dass der Druck ausreicht, um aus 600 Zapfstellen Wasser fließen zu lassen. Auch die Wasserspiele am vorhandenen Neptunsbrunnen lassen sich damit erstmals betreiben. Den Antrieb der 1350 gebauten Großen Mühle mit 12 Mahlwerken optimiert er, so dass dann 18 Mahlwerke angetrieben werden. 1642 reguliert er die Wasserverteilung an der Abzweigung des Flusses Nogat von der Weichsel, die ein alter Streitpunkt zwischen Danzig und Elbing um das Wasser der Weichsel ist. 1644 sollen die Befestigungsanlagen der Bastion Berg weiter erhöht werden. Dazu erfindet er eine pferdegetriebene Seilbahn mit angehängten Eimern, um die benötigte Erde vom Bischofsberg über den Stadtgraben hinweg zur Bastion Berg heranzuschaffen. Sie ist in einem Kupferstich dargestellt, der auf ein Bild des niederländischen Malers Willem Hondius zurückgeht. Sie waren Zeitgenossen und stammten beide aus den Niederlanden, so ist davon auszugehen, dass der Maler und Adam Wiebe sich persönlich kannten. 1689 erschien ein Buch mit dem Titel: „Wunderbare Welt der Geschöpfe Gottes, großer Städte, starker Befestigungen und weiterer Einrichtungen jedermann nützlich zu lesen und zu wissen“. Darin wird bedauert, dass die Erfindung bisher keine Nachahmer finde. Ein Grund mag sein, dass Adam Wiebe am 16. Oktober 1645 für seine Erfindungen ein Privileg auf 30 Jahre für seine Familie beantragt hat, also Patentschutz. 1653 stirbt Adam Wiebe in Danzig. Nachfolger wird sein Sohn Abraham Wiebe.
Hans Peter Wiebe erläuterte die technischen Erfindungen und Konstruktionen Adam Wiebes sehr anschaulich anhand von Fotos und Zeichnungen.
Adam Wiebe besitzt früh einen Hof bei Pasewark nahe Danzig und baut 1635 drei Häuser am Karrentor. Er hat fünf bekannte Kinder mit seiner Frau Margarethe: Mechelina Wiebe oo Abraham Janss Kauenhowen, Sara Wiebe, Abraham, der 1660 Lutheraner wird, Cornelius und Margaretha Wiebe. Seinem Schwiegersohn Abraham Jantzen wird auf Grund der Verdienste seines Schwiegervaters 1653 gestattet, in einem der Häuser zu leben, Branntwein herzustellen und zu verkaufen, ohne Bürger der Stadt zu sein.
Dass Adam Wiebe der Vorfahre aller Wiebes in Danzig und Westpreußen sei, ist unmöglich. 1776 gibt es nach einer preußischen Zählung 68 Wiebe Familien – ohne das Gebiet Danzig! Mit höchster Wahrscheinlichkeit ist er nicht einmal der Vorfahre einer heute lebenden Wiebe Familie. Allerdings soll ein DNA-Projekt zeigen, dass alle Wiebes auf einen gemeinsamen unbekannten Stammvater zurückgehen.
Eine Familiensaga über zwei Brüder Wiebe, die 1575 ins Königliche Preußen gekommen seien, Jakob nach Freienhuben und Abraham nach Einlage, kann auf Grund der Besiedelungsgeschichte der Orte nicht stimmen. Freienhuben ist ab 1625 besiedelt. Das Überflutungsgebiet Einlage an der Nogat wird erst spät besiedelt, ab 1632. Dort schließen die Gebrüder Jakob und Abraham Wiebe 1640 mit der Stadt Elbing einen Pacht-Vertrag über 10 Hufen. Sie können nicht Adams Söhne sein. Laut Revisionsbericht der Ökonomie Marienburg besitzt Abraham Wiebe 1649 ein fast 12 Hufen großes Gebiet (Wengelwalde) am Drausensee. Er ist die wichtigste Ansprechperson für die Revisionskommision Marienburg für alle die Mennoniten betreffenden Fragen. Jakob und Abraham könnten Brüder des Adam Wiebe sein, zumal sie ähnliche Tätigkeiten im Wasserbau ausüben. Viele Wiebe-Linien lassen sich zu den Orten Freienhuben und Einlage zurückverfolgen.
Hans Peter Wiebe selbst stammt aus dem Schönhorster Zweig der Wiebe-Linie, den er kurz präsentierte. Er kann seine Herkunft sowohl nach Freienhuben wie nach Einlage belegen. Mitte des 18. Jahrhunderts heiraten der aus Einlage stammende Gerhard Wiebe (1725-1796) die aus Freienhuben stammende Marie Wiebe (1730-1794). Deren Enkelin Agathe Behrends (1765-1827) heiratet Johann Wiebe (1786-1856), einen Vorfahren von Hans Peter Wiebe.
Jetzt folgt zunächst die Sommerpause am 05.08. und 02.09.2024. Dann ändert sich der Plan, weil es mehrere Erzählabende geben soll um Erinnerungen von Zeitzeugen, Forschungen und Überlieferungen aus der NS-Zeit. Herbert Holly mit den bayrischen Stalters rückt ins neue Jahr, voraussichtlich auf den 07.04.2025. Der Plan ist unsicher, weil sich erst noch zeigen muss, wie das klappt und Interesse findet.
Am 07.10.2024 wird Jean Hege von Geisberg, geboren 1936, berichten, wie er ab 1942 im besetzten Elsass zwei Jahre die deutsche Schule besuchte. Judenverfolgung und Euthanasie sind ihm aus dieser Zeit nicht erinnerlich. Aber drei seiner Brüder wurden in den deutschen Wehrdienst eingezogen und die Landwirtschaft auf dem Schafbusch musste mit Schülern von Wissembourg und mit Kriegsgefangenen aufrechterhalten werden.
Weiter wird am selben Abend Raphael Zeisset, der die Erzählabende angeregt hat, über Euthanasie in seiner Familie berichten. Lydia Zeisset (geboren 07.09.1892 Salem am Bodensee – ermordet 1940 Grafeneck bei Münsingen). Ihr Vater, Jakob Zeisset aus Aschhausen / Württemberg, zog ca. 1885 mit der Familie nach Palikura in Makedonien (damals osmanisches Reich) und war dort erfolgreicher Landwirt. Im Zuge der Balkankriege und des ersten Weltkriegs verlor die Familie ihren Besitz und insbesondere die beiden Töchter mussten traumatische Erfahrungen durchmachen. Lydia wurde infolgedessen psychisch krank und war mehrmals in der Heil- und Pflegeanstalt Reichenau am Bodensee, bis sie 1940 dem NS-Euthanasie-Programm zum Opfer fiel.
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